[ pia ]

“Wenn ein Neugeborenes das erste Mal lacht, wird eine neue Fee geboren. Da es immer Baby’s geben wird, wird es auch immer Feen geben.”
(aus ‘Tinkerbell’)

4 Tage über Termin. Das ist mir ja noch nie passiert. Ich bin ein nervliches Wrack und ich habe Schmerzen. Ich weine beim kleinsten Anlass. Ich kann nicht mehr. Die Fee macht allerdings keine Anstalten, ihre gemütliche viel zu enge Bauchwohnung zu verlassen.
Kleines Feechen, wir warten doch auf dich!

Es ist Freitagmorgen. Ich bin schon lange wach…genauer gesagt, seit halb drei. Ich fühle mich kraftlos, mürbe, frustriert.
Gleich geht es zum FA und die Überweisung in die Klinik wird erhofft.

Der Held und ich verabschieden die Großen – sie wissen, dass ich wohl wahrscheinlich am Mittag nicht Zuhause sein werde. Auch sie haben in den vergangenen Tagen viel mitgemacht und nun gehen sie aufgeregt zur Schule.
Wir ziehen die Motti an, schnappen die Kliniktasche und fahren zu meiner Mama. Noch schnell einen Kaffee für den nervösen Magen, ein bisschen weinen in Mamas Armen, dann von der Motti verabschieden und ab zum Arzt. Ich vermisse die Motti schon jetzt. Ich fühle mich schlecht…

Beim FA müssen wir nicht lange warten, wir sollen direkt ins KH fahren. Die Überweisung mit dem Hinweis “Einleitung dringend erbeten” halte ich fest in meinen Händen.
Die Fahrt zum KH beträgt ca 25min, Zeit um sich noch mehr Gedanken zu machen…der Held und ich schweigen. Wir sind aufgeregt.
Es ist ein komisches Gefühl diese Strecke ohne Wehen zu fahren und zu wissen, dass wir auf dem Rückweg unser Baby dabei haben werden.

10:30 Uhr: Wir kommen im KH an und nachdem wir die Anmeldung durchlaufen haben, gehen wir direkt in den Kreissaal. Hebamme Maria nimmt uns in Empfang. Es ist schön, ein bekanntes Gesicht zu sehen… Sie fragt nach dem Grund für die Einleitung, sagt aber auch direkt, das heute wohl nichts mehr gemacht wird, da es bereits zwei andere Einleitungen gibt.
Oh nein…bitte nicht…wieder laufen die Tränen, Tränen der Verzweiflung. Maria gibt mir Aconitum Globuli zur Beruhigung, drückt meine Hand und aus mir sprudelt meine ganze Angst.
Angst, die 20 Monate zurückliegt:
Die Geburt der Motti.

Dann die letzten Tage, Wochen…Wehen und dann wieder nichts…alles erzähle ich ihr. Sie lächelt und sagt, dass sie mit der Ärztin sprechen wird. Die anderen zwei Einleitungen sind Erstgebärende, da kann man mich vielleicht noch mit einleiten. Hoffnung und Dankbarkeit breiten sich aus…

Dann werde ich untersucht. Der Feenkopf sitzt fest im Becken und Maria löst den Schleimpfropf (autsch). Danach geht es für 30min ans CTG – an dieser Stelle erwähne ich mal, dass es natürlich nichts zu sehen gab.
11:40 Uhr, die Ärztin nimmt mich mit zum Ultraschall. Sie schätzt das Gewicht auf 3400g und gibt dann ihr Okay zur Einleitung. 15min später schlucke ich meine erste Einleitungstablette. Ich bin angespannt, weiß nicht was passiert, ob was passiert und wenn, wie schnell oder schmerzhaft es passiert.
Ich muss erneut ans CTG, dieses Mal für 45min.
12:30 Uhr, ich darf auf Station und komme genau passend zum Mittagessen…ich habe tatsächlich Bärenhunger…mmhhh, Tortellini mit Käsesoße.

Nun heißt es warten. Ich schicke den Helden nach Hause, er soll die Motti und meine Mama zu uns nach Hause bringen, damit die Großen sich nicht sorgen, wenn sie aus der Schule kommen. Er will nicht fahren, hat Angst, aber ich spüre nichts und denke nicht, dass es bald losgehen wird. Schweren Herzens fährt er.
15 Uhr, ich watschle zurück in den Kreissaal, denn ich muss wieder ans CTG – nichts zu sehen.
Also schlucke ich erneut eine Tablette.
Maria tastet nochmal nach, 2cm Muttermundöffnung…wie schon die letzten vier Wochen, seufz. Was kommt nach der Tablette? Richtig:CTG, mein viertes Mal heute, dieses Mal 50min. Tatsächlich sind erste kleine (für mich nicht spürbare) Wehen zu sehen. Um 20 Uhr soll ich wiederkommen, zum nächsten CTG.
17 Uhr, erstmal zurück aufs Zimmer. Der Held ist da und ich ruhe mich ein bisschen aus, bis um 18 Uhr das Abendbrot kommt. Endlich ;) Ja, ich gehöre zu den Menschen die im KH immer nur auf das nächste Essen warten!
Plötzlich beginnt es in meinem Bauch zu ziehen, kurz, stichartig.
Ähm, kleine Fee, lass mich wenigstens noch zu Ende essen.
19 Uhr, die Wehen werden stärker, also gehen der Held und ich bereits jetzt schon zum Kreissaal zurück. Mittlerweile ist Hebamme Amelie da, welche mit uns bereits die Geburtsplanung gemacht hatte.
Juchu…CTG. Amelie tastet behutsam nach, der MuMu ist nun bei 4cm. Ich verfalle in Panik, habe Angst. Die Wehen sind nun auf dem CTG sehr deutlich zu sehen.
20 Uhr, ich habe so eine Angst, dass Amelie mir eine schmerzstillende und beruhigende Infusion legt, aber außer starkem Schwindel und Schwitzen, scheint es kaum Wirkung zu zeigen. Wehen und Panik werden minütlich schlimmer.
So hilflos habe ich den Helden selten gesehen…
Ich weine, zittere, schwitze…flehe Amelie an, dass ich einen Kaiserschnitt bekomme. Meine Panik ist riesig, ich werde sterben. Amelie redet sanft auf mich ein, eine PDA könnte helfen. Ich willige ein…macht alles, aber lasst diesen Schmerz aufhören!

20:30 Uhr, Amelie ruft den Anästhesisten und seinen Helfer zur PDA hinzu. Sie wirken nett, soweit ich das noch beurteilen kann. Zwischen Wehen klären sie mich sachlich über den Vorgang und die Risiken auf. Ich frage nochmal nach, was ist, wenn sie den falschen Wirbel-Zwischenraum treffen würden!? “Ja, das wäre nicht gut, dann wären sie gelähmt.”
Vielen Dank, nun bin ich hysterisch!!!
Ich habe eine unglaubliche Angst vor der PDA, vor den Schmerzen, vor der ganzen Geburt…alles macht mir Angst und es scheint als würde die Zeit nicht vergehen. Ich setze mich aufs Bett, der Held streichelt meine Hand, Amelie mein Bein…sie reden mit mir, erklären, was hinter meinem Rücken nun geschieht. Dann geht es los…der erste Stich geht spürbar tief in meinen Rücken…verdammt, das tut Höllenweh, begleitet wird die Prozedur von immer stärker werdenden Wehen.
Dann Gemurmel…irgendwas ist schief gelaufen…oh nein, warum wollte ich diese PDA, nun werde ich gelähmt sein. Die Gedanken wirbeln nur so durch meinen Kopf! Der Helfer drückt mich stark hinunter in einen Katzenbuckel und hält mich fest. Die Wehen sind so kaum zu ertragen. Der zweite Versuch dauert länger…es wird gedrückt und geschoben…es tut weh. Ich habe das Gefühl, jeden Moment in Ohnmacht zu fallen.
Was geschieht denn da nur mit mir?
Nach einer halben Ewigkeit ist es geschafft, das Schmerzmittel wird in den Schlauch gespritzt und der Anästhesist erklärt mir, dass ich wohl starke Wassereinlagerungen habe, allerdings im Rücken. Darum war es wohl so kniffelig, die PDA vernünftig zu setzen. Ich warte nur noch auf Erlösung…

21:10 Uhr, die PDA wirkt endlich.
Erstaunlich wie gut die Wehen zu ertragen sind…ich lache, ich scherze…warum bekommt man nicht grundsätzlich eine PDA!? Ein Wundermittel. Ich lege mich entspannt im Bett zurück und starre an die Zimmerdecke. Amelie ist rausgegangen, der Held sitzt neben mir – er wirkt erleichtert.
Wir reden und ich bin unendlich dankbar, dass er an meiner Seite ist.
Ich döse ein wenig und beginne zu halluzinieren, sehr zur Belustigung des Heldens…tz ;D

21:45 Uhr, Hallo?? Was ist denn das?
Der Wehenschmerz wird wieder stärker und ich direkt wieder panisch. Warum hat mir keiner gesagt, dass eine PDA nur so ein kurzzeitiges Wunder ist?
Hilfe…ich schreie nach mehr Schmerzmitteln…eine halbe Dosis geht, sagt Amelie. What the Fuck?? Spritzt alles hinein (der Held beschreibt mich später wenig liebevoll als Junkie). Ich jammere und bekomme mehr Schmerzmittel – doch es wirkt nicht mehr! Die Angst nimmt mich völlig ein, blockiert mich völlig in der aktiven Teilnahme. Amelie redet wieder auf mich ein:

“Dein Mädchen will jetzt zu dir, aber DU musst ihr helfen!” 

Ich weine und nicke. Die Ärztin kommt dazu. Es ist 3min vor 22 Uhr, Schichtwechsel, aber Amelie bleibt.
Ich soll vorsichtig beginnen zu pressen, aber ich kann nicht, mein Kopf sagt Nein. Daniel hält mich, streichelt mich. Amelie und die Ärztin Sehen sich an. Dann die nächste Wehe, unvorstellbare Schmerzen. Ich drehe mich zur Seite, habe das Gefühl mich übergeben zu müssen.
Plötzlich verwandelt sich meine Angst in pure Wut.
Ich bin wütend auf mich, dass ich es der Fee so schwer mache. Wütend über die Schmerzen. Es reicht! Die nächste Wehe kommt und ich presse, vergesse alles um mich herum. Ich höre nicht, wie Amelie sagt, ich solle langsamer machen. Ich will nur noch, dass es vorbei ist!
Ich presse, ich schiebe, ich hechel…
Zweimal. Dann ist es vorbei.

22:13 Uhr: Das Feenkind ist gebier und sie schreit.
Der Held nabelt sie ab und dann darf ich sie begrüßen, beschnuppern, bewundern. Sie ist wunderschön – mein Apfelmädchen!

Wir haben es geschafft.
Und dann weine ich wieder – dieses Mal vor Glück!

Pia Felina
22:13 Uhr
51 cm
3600 g
KU 34,5 cm
❤️❤️❤️❤️

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